Recht beim Pferdekauf
Das neue Recht beim Pferdekauf
Den meisten Reitern und Pferdebesitzern ist das Viehkaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit den §§ 481-492 unter dem Begriff „Kaiserliche Verordnung betreffend die Haupt-Mängel und Gewährsfristen beim Viehhandel vom 27.3.1899“ bekannt. Im Zuge einer anstehenden Reform des Schuldrechts fallen mit Wirkung vom 1.1.2002 die genannten Vorschriften des BGB – und damit auch die Kaiserliche Verordnung vom 1899 – ersatzlos fort.
Hintergrund des Fortfalls der besonderen Regeln beim Viehkauf ist die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie der EU, die den deutschen Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 1.1.2002 eine Harmonisierung wesentlicher Aspekte des Kaufrechtes zu regeln. Die Gewährleistung für Mängel an Tieren soll nach den allgemeinen Regeln erfolgen, die auch für Sachen gelten. Der Gesetzgeber hält deshalb eine Sonderregelung für den Viehkauf für entbehrlich. Damit wird eine Unterscheidung der Hauptmängel (die sog. „Gewährsmängel“ Rotz, Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, Periodische Augenentzündung und Koppen) von den sog. Neben- oder Vertragsmängeln (z.B. Spat, Rehe, Hufrollenentzündung) entfallen. Gleichzeitig entfällt sowohl die 2-wöchige Gewährs-trist bei Hauptmängeln als auch die Gewährsfrist bei Nebenmängeln, soweit sie vereinbart werden konnte.
Das novellierte Schuldrecht, das ab 1.1.2002 die allgemeinen Gewährleistungsregeln für Sachen auch auf Tiere allgemein anwendet, führt zu folgenden Konsequenzen:
1.) Rechte des Käufers
Der Verkäufer hat die Verpflichtung, dem Käufer eine mangelfreie Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB – neu). Ein Tier ist dann mangelfrei, wenn es bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Es ist weiterhin frei von Mängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB – neu) oder sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Tieren gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art des Tieres erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB – neu).
- a) Im Falle eines Mangels kann der Käufer nach §§ 437, 439 BGB – neu – zunächst Nach-Erfüllung verlangen, und zwar nach seiner Wahl entweder in Form der Beseitigung des Mangels oder der Ersatzlieferung. D.h. er kann wählen, ob der Verkäufer den Mangel beseitigen muss oder ob er vom Verkäufer die Lieferung eines anderen Pferdes wünscht. Die Rückgabe eines Reitpferdes zum Auskurieren eines Hustens, zur Verbesserung des Futterzustandes oder Behebung von Ausbildungsmängeln kann zur Beseitigung des Mangels erwogen werden. Bei chronischen Krankheiten dürfte eine Mängelbeseitigung nicht möglich sein; diese sind meist nicht zu heilen, eine existierende degenerative Veränderung kann in vielen Fällen nicht beseitigt werden.
Auch die Lieferung eines anderen Pferdes als Ersatzlieferung dürfte in zahlreichen Fällen keinen Erfolg haben, weil es das betreffende Pferd nur einmal gibt und es sich insoweit in der Rechtssprache um eine „unvertretbare Sache“ handelt.
- b) Scheitert der primäre Nacherfüllungsanspruch (Mängelbeseitigung oder Ersatzlieferung), dann kann der Käufer gem. § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB – neu –
vom Vertrag zurücktreten,
den Kaufpreis mindern,
Schadensersatz gem. §§ 440, 280, 281 BGB – neu – verlangen.
Rücktritt vom Vertrag heißt Rückgängigmachung des Vertrages durch Rückgewähr der jeweils ausgetauschten Leistungen (Geld zurück / Pferd zurück).
Bei der Minderung wird der Kaufpreis um den Betrag herabgesetzt, um den der Mangel den Wert der Sache, gemessen am Kaufpreis, mindert. Dies kann etwa die Kompensation für ein fortwährendes Gesundheitsrisiko sein. Die Schadensersatzpflicht ergibt sich daraus, dass die Mangelfreiheit eine Vertragspflicht darstellt, so dass eine mangelhafte Leistung eine Pflichtverletzung bedeutet. Danach muss der Verkäufer dem Käufer auf Schadensersatz für Kosten und u.U. sogar für entgangene Gewinnmöglichkeit haften.
2.) Beweislast
Grundsätzlich muss der Käufer beweisen, dass ein Mangel besteht und dass dieser bei Gefahrübergang (Übergabe des Pferdes) bereits vorlag. Diese allgemeine Beweislastregel ist nicht neu.
Neu ist aber aufgrund der Vorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der EU, dass beim sog. Verbrauchsgüterkauf (wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer ein Pferd kauft) zugunsten des Käufers eine Beweiserleichterung gem. § 476 BGB – neu – vorgesehen ist. Verkauft danach ein gewerblicher Verkäufer (§ 14 BGB – Unternehmerbegriff) ein Pferd und zeigt sich innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass das Pferd bereits bei Gefahrübergang (Übergabe) mangelhaft war. D.h., in diesem Falle müsste der Verkäufer beweisen, dass der Mangel bei Übergabe nicht vorhanden war. Von dieser Beweislastumkehrregel gibt es eine Ausnahme nur, soweit diese widerlegliche Vermutung mit der Art der Sache oder der Art des Mangels unvereinbar ist. Hier wird die Rechtsprechung ein weites Betätigungsfeld finden und entscheiden müssen, ob die 6-monatige Beweislastumkehrregel oder deren Ausnahme beim Pferdekauf anzuwenden sind. Dies insbesondere im Hinblick auf das Veränderungsrisiko, dem das Pferd ständig durch Haltung, Fütterung oder Ausbildungsmaßnahmen unterliegt.
3.) Verjährung
Völlig neu im neuen Schuldrecht ist die Verjährung geregelt. Die Regelverjährung beträgt jetzt 2 Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB – neu).
Eine vertragliche Vereinbarung im Kaufvertrag über eine Verkürzung dieser Verjährungs-trist ist außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs möglich (Kaufvertrag zwischen privatem Käu-fern und privatem Verkäufer). Beim Verbrauchsgüterkauf eröffnet § 475 Abs. 2 BGB – neu – lediglich die Möglichkeit der Reduzierung der Verjährungsfrist durch Vertrag auf 1 Jahr, wenn es sich um eine gebrauchte Sache handelt. Hier stellt sich die Frage, ob ein etwa ½-jähriges Fohlen eine gebrauchte Sache ist oder erst ein angerittenes Reitpferd oder eine Zuchtstute. Auch hier wird die Rechtsprechung diese Rechtsfrage entscheiden müssen.
Abschließend soll erwähnt werden, dass sich die Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. (FN) mit anderen betroffenen Verbänden massiv gegen die oben dargestellten neuen Regelungen gewendet hat. Sie hat insbesondere wegen des Tieren innewohnenden Veränderungsrisikos an den Verjährungsfristen und der Beweislastumkehr massive Kritik geübt und auf eine deutlich kürzere Verjährungsfrist sowie auf den Wegfall der Beweislastumkehr gedrängt. Der Gesetzgeber sah aber aufgrund der Vorgaben aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der EU keinen Spielraum, den Änderungsvorschlägen zu folgen.
Dr. Wann Justitiar der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN)